Frank Corcoran

*  1. Mai 1944

von Annette Kreutziger-Herr und Axel Klein

Essay

„…ich hingegen bleibe mit der Verzweiflung zurück, was ich, als ein irischer Komponist, eigentlich tue – und was ich als Komponist in Irland tue – oder auch, wenn Sie so wollen, was ich als ein-Komponist-in-Irland tue“ (Corcoran 1982, 52).

Die Wurzeln einer nachweisbaren, eigenständigen Kultur in Irland reichen für die Literatur bis ins 2. vorchristliche Jahrhundert zurück und für die Malerei bis ins frühe Mittelalter. Noch älter ist die Tradition der (zum Teil noch heute) mündlich überlieferten Volksmusik, doch von einer Kunstmusik im mitteleuropäischen Sinn kann man erst seit dem frühen 18.Jahrhundert sprechen. Als „irischer Komponist“ suchte und fand Corcoran einerseits Anschluß an die Internationalität der neuen Musik; als „Komponist in Irland“ bemüht er sich andererseits um eine Kontinuität spezifisch irischer Traditionen.

Im Irland der 50er-Jahre, der Jugendzeit Corcorans, dominierten Puritanismus, Zensur und Katholizismus sogar in Dublin, dem intellektuellen Zentrum Irlands, und machten spürbar, daß Irland zwar ein ausgedehntes Mittelalter, im übrigen aber eine dem europäischen Kontinent kaum vergleichbare Entwicklung aufzuweisen hat. „Es ist schwer, diese synästhetischen Bilder einzufangen – das heisere Bellen der Greyhounds, während sie einen erbeuteten Feldhasen zerreißen, die Gerüche der Markttage (jeder erste Montag im ...